Gentle reminder, niemals jemanden zwangszuouten

Disclaimer für diesen Blogeintrag: Er bezieht sich auf die Situation, dass die trans* Person offiziell out ist und nur noch die neuen Pronomen verwendet. Ansonsten wäre es bereits ein Outen, die Pronomen zu korrigieren.

Folgendes Szenario: Ihr seid in einer größeren Freundesgruppe unterwegs, nicht jede*r kennt jede*n – und einer eurer Kumpel ist trans. Ihr bemerkt, wie jemand vom besagten männlichen Kumpel als „Sie“ spricht. Was tut ihr?

Als Ally (= Verbündete*r) natürlich die Person korrigieren. Aber wie? Schnell passiert, dass man sich denkt: Okay, ich muss irgendwie erklären, wieso die Person dachte, es ist eine Frau, obwohl es ein Mann ist (oder andersherum). Und so kommt es ganz schnell zu der Situation, dass man tatsächlich „erklärt“, wie es zu dem Missverständnis kommen konnte, indem man die Person, die misgendered wurde, einfach outet.

Das ist aber nicht der richtige Weg, mit transidenten Menschen umzugehen.

Sich zu outen, ist ein sehr persönlicher Schritt, den niemand vornehmen sollte außer die trans* Person selbst.

Vor allem, wenn man in einer Gruppe unterwegs ist, in der man noch nicht bekannt ist, freut man sich vielleicht gerade darüber, dass man nicht zwangsweise bereits geoutet ist – einfach aus dem Grund, dass die Leute einen schon so lange kennen, dass sie die Entwicklung mitbekommen haben. Man hat als trans* Person schon genügend Umfeld, in dem man gar keine Wahl hat, geoutet zu sein oder nicht.

Wenn es dann einmal die Situation gibt, dass man Personen neu kennenlernt, sollte daher darauf geachtet werden, dass es allein in der Hand der trans* Person liegt, wie sie mit der Situation umgehen möchte. Und die wenigsten werden den Weg einschlagen, direkt überall herumzuposaunen, dass man trans* ist – dafür gibt es noch viel zu viel Diskriminierung, der man lieber aus dem Weg gehen will.

Denn was passiert, wenn man sich outet? Man macht sich verletzlich, angreifbar. Man gerät in die Situation, dass andere Menschen darüber entscheiden, ob sie einen als die Person akzeptieren, die man ist. Man stellt die fremden Menschen quasi vor die Wahl: Sie können einen akzeptieren und das korrekte Pronomen nutzen – oder sie können einen bewusst nicht akzeptieren und das falsche Pronomen nutzen. Es ist sicherer, die Menschen gar nicht erst vor eine Wahl zu stellen, sondern ihnen einfach nur die korrekte Ansprache beizubringen.

Denn was passiert sonst?

Im schlimmsten Fall wird man konsequent mit dem falschen Pronomen angesprochen und die Transidentität wird auch noch thematisiert: „Oh, ich hab gehört, sie ist ein Er.“ – „Hä, wie das?“ – „Das ist eine Frau, die aber meint, ein Mann zu sein.“ Alles an diesen Aussagen ist falsch, aber man ist in keiner Position, da etwas richtigzustellen. Das Ganze nimmt seinen Lauf. Man selbst ist der Situation hilflos ausgeliefert und bekommt zu spüren: Die akzeptieren mich nicht. Die sehen mich als Frau (in diesem Fall). Und selbst wenn ich nun sage: „Hey, ich bin ein Mann“, belächeln sie das nur und denken sich, dass sie ja recht hatten mir ihrer Annahme.

So kann ein harmloses Treffen mit neuen Leuten ganz schnell zu einem absoluten Horrorszenario für eine trans* Person werden.

Und es ist ganz einfach zu vermeiden, indem man seine*ihre trans* Freund*innen einfach niemals zwangsoutet. Wenn ihr mitbekommt, dass jemand eure*n Freund*in falsch gendert, korrigiert das einfach ohne Erklärung: „Hey, das ist keine Sie, das ist ein Er.“ Der Person, die misgendered hat, bleibt dann gar nichts anderes übrig, als zu sagen: „Oh, Entschuldigung.“ Und das ist es dann auch schon.

Es ist nicht schlimm, Fehler zu machen – das sollte nicht weiter aufgebauscht werden durch unnötige Erklärungen. Wenn ein cis Mann misgendered wird, ufert man ja auch nicht zu Erklärungen aus à la: „Jaa, das ist ein Mann, aber stimmt, er ist etwas klein und er hat eher weiche Gesichtszüge, deswegen ist es schon verständlich, dass du dachtest, es ist eine Frau.“

Würdet ihr so etwas sagen, wenn jemand einen cis Mann für eine Frau hält? Ich denke (und hoffe) mal: Nein. Also tut es auch nicht bei euren trans* Freund*innen.

Misgendering passiert und ist nicht das größte allen Übels. Die Frage ist, wie man damit umgeht.

Denkt einfach daran, dass die Informationen, über die ihr verfügt, privat und persönlich sind. Wollt ihr, dass jede fremde Person über eure Geschlechtsmerkmale spekuliert? Oder über eure Vergangenheit? Wollt ihr, dass fremde Personen beurteilen, welches Geschlecht ihr habt? Nein. Also tut das bitte auch nicht euren trans* Freund*innen an.

Als abschließendes Beispiel möchte ich mich selbst nehmen. Ich bin Kaspar. Punkt, aus, fertig. Wenn ich mich neuen Menschen vorstelle, tue ich das selbstverständlich als Kaspar und als Er. Weitere Informationen bezüglich meiner Geschlechtsidentität sind hier nicht nötig – es sei denn, ich möchte gerne von mir aus darüber reden. Es liegt aber allein an mir, ob ich das thematisieren möchte, und an sonst absolut niemandem.

Wenn ihr zu dem Kreis gehört, der weiß, als wen ich mich früher ausgegeben und präsentiert habe, welchen Namen ich früher getragen habe etc., dann: Seid euch bitte darüber im Klaren, dass das private Informationen sind, die absolut niemanden etwas angehen. Es liegt niemals an euch, zu entscheiden, ob ihr diese Informationen teilt, sprich, jemanden an seiner statt outet. Gönnt uns bitte einfach unsere Privatsphäre.


Ein kleines PS:

Vielleicht denkt ihr euch: „Okay, aber Kaspar hat einen Blog und einen Instagram-Account, die beide thematisieren, dass er trans ist. Das kann doch kein Geheimnis sein.“

An dieser Stelle möchte ich erinnern: Internetpräsenz und „reales Leben“ sind immer noch zwei Paar Schuhe. Ich kläre hier gern über das Thema Transidentität auf und mir ist bewusst, dass viele darauf stoßen werden, die mich schon länger kennen. Und das ist ja alles okay. Aber mein normales privates Leben hat nicht unbedingt etwas mit meiner Internetpräsenz zu tun, und gerade, wenn ich neue Leute treffe, wissen die eben nicht unbedingt, dass ich im Internet Aufklärungsarbeit zum Thema Trans* leiste. Mein Blog ist vielleicht nicht sonderlich „geheim“ für Leute, die mich schon länger kennen – bei Menschen, die ich neu kennenlerne, gehe ich aber nicht damit hausieren. Einfach für ein bisschen Normalität. Um einfach mal als „normaler“ Mann behandelt zu werden. Denn sobald man sich outet, schwingt ganz schnell die Skepsis mit: „Ist das ein richtiger Mann?“ Es besteht immer die Gefahr, dass man als Frau gelesen wird. Die ich schlichtweg nicht bin. Also gönnt es mir bitte, auch mal nicht als trans geoutet durch die Welt zu gehen.

Kommentare

  1. Ich lese mir deinen Blog hier und da mal durch weil mir einige Fragen aufgekommen sind. Nicht bezogen auf dich sondern auf die Situation Trans.
    Wenn du für mich weiblich aussiehst und ich dich als Sie anspreche ist es doch im großen und ganzen nicht mein Problem das du dich beleidigt fühlst oder mit deiner Psyche zu kämpfen hast. Ich konnte es ja nicht wissen wenn du Weiblich aussiehst.
    Wenn ich es wissen würde, verstehe ich es vollkommen das du damit ein Problem hast da dies wirklich herablassend ist.
    Mir kommt dann aber die zweite Frage. Wenn du dich verändern möchtest dann tu es aber hängs nicht auf die große Glocke und wenn du es tust dann steh deinen MANN und steh drüber.
    Man hört dann immer Bääähm ich bin ein Mann aber wenn man dann den jeweiligen MANN anspricht ist man dann ein kleines Mädchen und fühlt sich beleidigt oder man hat mit der Psyche zu kämpfen und heult dann jeden das Ohr voll (als Aufklärung) das die Welt ach so böse ist und keiner einen versteht.

    Natürlich werde ich jetzt auch mit bösen blick angesehen aber ich sag mal gleich mir ist es vollkommen schnuppe was wer ist. Ob schwul, hetero, pansexuell, schwarz weiß oder sonst was. Wir sind alle Menschen und sollten zusammenhalten.

    Ich lass mal die anderen Fragen fragen sein und wünsche dir noch einen angenehmen Tag.
    greets

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  2. Hi, ich versuche mal, auf deine zwei „Fragen“ zu antworten – in Anführungsstrichen, weil du keine tatsächlichen Fragen formuliert hast.

    „Wenn du für mich weiblich aussiehst und ich dich als Sie anspreche ist es doch im großen und ganzen nicht mein Problem das du dich beleidigt fühlst oder mit deiner Psyche zu kämpfen hast. Ich konnte es ja nicht wissen wenn du Weiblich aussiehst.“
    Ja, das ist mein Problem, und wenn es dir egal ist, bist du vielleicht einfach nicht der empathischste und netteste Mensch. ;) Es geht aber nicht ums unwissentliche Misgendern allgemein, sondern darum, wie du damit umgehst, wenn du korrigiert wirst. Wenn du auf eine Erklärung, warum richtiges Gendern viel wert ist, mit diesem Trotzreaktions-Kommentar reagierst und dich wiederum angegriffen fühlst, solltest du dein Verhalten vielleicht selbst mal hinterfragen.

    „Wenn du dich verändern möchtest dann tu es aber hängs nicht auf die große Glocke und wenn du es tust dann steh deinen MANN und steh drüber.
    Man hört dann immer Bääähm ich bin ein Mann aber wenn man dann den jeweiligen MANN anspricht ist man dann ein kleines Mädchen und fühlt sich beleidigt oder man hat mit der Psyche zu kämpfen und heult dann jeden das Ohr voll (als Aufklärung) das die Welt ach so böse ist und keiner einen versteht.“
    Hier ist schlichtweg nicht verständlich, was deine „Frage“ ist bzw. worauf du hinauswillst. Dieser ganze Blog besteht aus Tagebuch und Aufklärungsarbeit zum Thema Trans*, natürlich ist das Thema dann präsent. Wie ich als private Person in meinem Alltag damit umgehe, kannst du nicht wissen (es sei denn, du bist eine Person aus meinem Umfeld, aber dann finde ich es ziemlich feige, hier anonym zu schreiben) – also kannst du auch nicht beurteilen, ob ich etwas „an die große Glocke hänge“. Und was immer du mit „Steh deinen MANN“ meinst: Das ist toxische Maskulinität at its finest. Es hat nichts mit Männlichkeit zu tun, keine Gefühle zu haben oder keine Gefühle zu artikulieren. Das sind fehlgeleitete Unsicherheiten, die die Gesellschaft hoffentlich Schritt für Schritt aufbricht. Genauso solltest du deine internalisierte Misogynie (Frauenfeindlichkeit) hinterfragen. Es ist keine Beleidigung, ein „kleines Mädchen“ zu sein.

    Zuletzt scheint es dich allgemein zu stören, dass ich mit dem Thema Trans* im Internet präsent bin. Ein kleiner Tipp: Du bist nicht gezwungen, dir das anzusehen. Du hast anscheinend danach gesucht, etwas gefunden und gelesen – um mir dann den Vorwurf zu machen, „jedem das Ohr vollzuheulen“? Das ist zum einen vollkommen inkonsequent – und zum anderen ist niemand gezwungen, meinen Content zu konsumieren. Ich habe eine Internetcommunity, bei der ich mich gerne mal „ausheule“, wenn es mir schlecht geht, und die hören sich das gerne an. Leute wie du gehören da nicht dazu und sind da auch nicht erwünscht. Ich habe aber alles auf Öffentlich gestellt, deswegen muss jede*r selbst wissen, ob sie*er bleibt.

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