Update nach 7 Monaten Blog-Pause

Heyo, ihr Lieben!

Bevor ich wieder ins Blog-Game starte, dachte ich, mache ich mal einen kleinen „Was bisher geschah“-Post, nachdem ich mich hier für ganze sieben Monate nicht blicken lassen habe. Meine Abwesenheit war hauptsächlich meinem Uni-Abschluss geschuldet, den ich neben einem Teilzeitjob gemacht habe, was sich als ziemlich nah an meiner Belastungsgrenze herausgestellt hat (oh Wunder).

Aber hey, es ist geschafft, und nun schreibt hier Master of Arts Kaspar Felix. ;)

Nun bin ich also in einen neuen Lebensabschnitt gestartet, der heißt: Vollzeit-Arbeit. Einerseits habe ich dadurch eigentlich noch weniger Zeit zum nebenher Blogschreiben, andererseits brauche ich dann den Ausgleich vielleicht mehr, wenn der Großteil meiner Zeit für den Job draufgeht. Ich kann aber noch nicht einschätzen, in welchen Abständen mit neuen Blog-Beiträgen zu rechnen ist. Auch habe ich noch nicht zu Ende reflektiert, in welcher Weise ich hier und in Sozialen Netzwerken präsent sein möchte. Einerseits würde ich das Bloggen und Aufklären gerne zu einem größeren Hobby ausbauen und mehr Reichweite gewinnen, andererseits steigen mit Reichweite auch die Chancen, dass transfeindliche Menschen auf mich aufmerksam werden – und von dieser Sorte Mensch gibt es leider immer mehr.

Aber das alles sind Themen für eigene Beiträge, hier kommt also der Kram, weswegen ihr hier seid: Transition-Stuff des letzten halben Jahrs.

8 Monate auf Testosteron

Am 26. März hatte ich mein achtmonatiges Jubiläum mit Testosteron, wuhu! Das bedeutet, ich habe nun schon fünf Nebido-Injektionen hinter mir und mein Körper hat sich schon halbwegs an den neuen Hormonhaushalt gewöhnt.

Nach ungefähr fünf Monaten war meine Stimme drastisch gefallen und ich muss sagen, der Stimmbruch war für mich am Anfang das Allerwichtigste – ich habe gemerkt, wie sehr Leute auf die Stimme achten, um eine Person geschlechtlich einzusortieren. Mit nahezu gleichem Aussehen wurde ich mit noch nicht deutlich tiefer Stimme stets für eine Frau gehalten und mit der tiefen Stimme dann für einen Mann. Ich habe das Gefühl, bei Personen, bei denen sich Menschen unsicher sind, welches Geschlecht sie haben, warten sie gern darauf, die Stimme zu hören, um danach zu urteilen. Seit meinem Stimmbruch habe ich sehr davon profitiert – für trans Frauen jedoch muss das im Umkehrschluss die absolute Hölle sein.

Aber auch unabhängig von Reaktionen der Gesellschaft haben die Veränderungen meiner Stimme eine unglaubliche Euphorie in mir entfacht. Ich habe meine Sprechstimme bisher gehasst und fand es nahezu unerträglich, sie z. B. bei Sprachnachrichten zu hören – und plötzlich liebe ich sie. Sie ist so, wie sie immer hätte sein sollen, und ich fühle mich pudelwohl. Besonders schön waren die Momente, wenn Freund*innen mich eine Weile lang nicht gehört haben und dann sehr (positiv) überrascht auf die starke Veränderung reagierten.

Außerdem bemerkte ich, dass ich wirklich gerne singe. Ich hatte das schon vor Testosteron so ganz allmählich entdeckt, und als die Stimme dann tiefer wurde, fühlte ich mich immer wohler und selbstbewusster. Es ist zwar noch schwierig, Lieder zu finden, die ich singen kann, weil die Tiefen nun zwar ausgeprägt sind, die Höhen sich aber (vorübergehend) komplett verabschiedet haben, aber ich bin guter Dinge, dass das in Zukunft noch was wird. Die Stimme muss sich ja erst etwas festigen und eben auch in den Höhen wieder stabiler werden. Wobei es auch etwas hatte, nostalgisch alte James-Blunt-Lieder einfach eine ganze Oktave tiefer zu singen.

Was ich selbst gar nicht so bemerkt hätte, worauf mich aber vor allem meine Mitbewohnerinnen aufmerksam gemacht haben, sind Veränderungen in meiner Statur. Tatsächlich ist mein Kreuz ein gutes Stück breiter geworden – bei bestimmten Oberteilen habe ich es dann auch bemerkt. Ein tolles Gefühl. Als ich regelmäßig Sportübungen gemacht habe, die auch die Arme beansprucht haben, habe ich außerdem relativ schnell eine Zunahme an Muskeln und damit einhergehend Stärke bemerkt. Auch hier: tolles Gefühl. Etwas Hüft-, Po- und Oberschenkelfett wurde auch umverteilt. Da wird sich aber noch deutlich mehr tun. 

Ein nicht so schönes Thema ist die Haut. Das gehört eben zu einer (zweiten) Pubertät dazu: Akne. Es hält sich aber tatsächlich in Grenzen, phasenweise fühle ich mich aber schon wie ein 15-jähriger Teenie. Ansonsten ist meine Haut etwas grober und weniger weich geworden. Very manly, I guess.

Ich habe das Gefühl, dass sich auch im Gesicht etwas getan hat, kann das aber an nichts Bestimmten festmachen. Auch das kommt wohl noch mit der Zeit. An sich soll Testosteron die Gesichtszüge etwas härter und kantiger machen (und ich habe eben ein sehr rundes Gesicht).

Außerdem hat sich die Körperbehaarung ins Zeug gelegt, vor allem die Beinhaare sind dichter geworden und so langsam macht sich auch ein Flaum auf dem Bauch bemerkbar. Und ja, natürlich warte ich sehnsüchtig auf erste Barthaare, aber da scheinen mir meine Gene nicht allzu viel zu gönnen. Immerhin kommt unterm Kinn langsam ein Flaum und noch langsamer auf der Oberlippe. Bartwuchs ist übrigens genetisch bedingt und hat nichts mit trans oder cis Sein zu tun. Ich bin nur ja quasi sehr viel später als cis Jungs in die Pubertät gekommen, daher dauert es bei mir dann auch mit dem Bartwuchs entsprechend länger. Das ist leider eine Sache von Jahren und nicht von Monaten.

Auf die psychische Ebene einzugehen, ist schwierig. Vieles liegt sicher nicht am Testosteron an sich, sondern einfach daran, dass ich geoutet bin und dass ich immer weniger Dysphorie verspüre. Das greift alles ineinander. Aber egal, ob es nun am Testosteron liegt oder nicht: Ich fühle mich so stabil und so sehr bei mir wie – unübertrieben! – noch nie. So vieles fällt mir so viel leichter. Ich habe so viel weniger Ängste. Ich bin tausendmal selbstbewusster. Ich mache mir weniger Sorgen. Ich bin zuversichtlicher. Ich präsentiere mich ganz anders, bin gar nicht mehr so extrem introvertiert, sondern offen und gesprächig (manchmal sogar ZU gesprächig, ups). Ich traue mir so viel mehr zu. Und ich bin zufriedener. Eigentlich sogar einfach ziemlich glücklich.

Amtliche Vornamen- und Personenstandsänderung

Meine Glückseligkeit hat auch damit zu tun: Am 15. Februar wurden offiziell und amtlich meine Vornamen zu Kaspar Felix und mein Personenstand zu männlich geändert. Damit ist eine so unfassbar riesige Last von meinen Schultern gefallen. Ich habe nun einen Perso, auf dem meine richtigen Namen stehen – wow! Cis Menschen können sich wahrscheinlich nicht wirklich vorstellen, wie unangenehm es ist, sich mit falschem Geschlecht und Namen ausweisen zu müssen, aber versucht es mal. Es ist wirklich die Hölle. Es ist jetzt Anfang April und ich verspüre noch jedes Mal ein kleines Glücksgefühl, wenn ich mich ausweisen muss und deswegen den neuen Perso in der Hand halte.

Mastektomie-Pläne

Ich habe Testosteron, ich habe korrekte Ausweispapiere – mein Glück ist fast perfekt. Nur noch eines fehlt: die Mastektomie (die Entfernung der „weiblichen“ Brust). Dadurch, dass Testosteron schon viele Veränderungen bewirkt hat, ist es tatsächlich nur noch meine Brust, die mich unter starker Dysphorie leiden lässt.

Ich schrieb, ich fühle mich so angekommen – und das stimmt auch –, aber na ja, ich fühle mich eben doch noch nicht ganz angekommen. So richtig angekommen in meinem wahren Ich kann ich mich erst fühlen, wenn ich keine weiblichen Brüste mehr habe. Ich wünschte, es wäre nicht so, aber ich merke immer und immer wieder, was für einen riesigen Faktor Brüste für mich leider ausmachen. Das Ergebnis, das ein Binder erzielt, ist schon ganz gut, aber ihr müsstet mal testweise einen Binder tragen, um nachzuempfinden, wie unangenehm das ist. Es kostete schon viel Überwindung, z. B. in meiner WG ohne Binder herumzulaufen, weil immer die Gedanken da sind: „Nicht dass die anderen mich jetzt plötzlich als Frau sehen!“

Auch kann bzw. möchte ich aktuell in keine Räume gehen, in denen es nach Geschlechtern getrennte Umkleiden gibt. Zu groß ist die Angst, „aufzufliegen“. Außerdem naht der Sommer – und wie gern würde ich mal wieder schwimmen gehen oder auch einfach nur am See liegen. Das habe ich jahrelang nicht oder kaum gemacht, weil ich mich immer so verdammt unwohl gefühlt habe.

Jetzt könnte der Eindruck entstehen, bei Brustdysphorie gehe es nur um die Wahrnehmung von anderen. Das spielt sicherlich auch eine Rolle, aber ist nicht alles. Auch wenn keine anderen Menschen involviert sind, kann ich meine Brüste nicht als Teil von mir sehen, der „richtig“ ist. Die gehören da für mich nicht hin. Und der Gedanke daran, eine flache Brust zu haben, ist mit so unfassbar großer Sehnsucht und Vorfreude verbunden, dass ich es gar nicht in Worte fassen kann.

Sie müssen also ab. Und zwar so bald wie möglich.

Das habe ich natürlich auch schon vor circa einem Jahr, als ich mich outete, gesagt, aber da war mir klar, dass das nicht so schnell geht. Der Unterschied zu jetzt ist: Ich lebe fast ein Jahr geoutet, ich bin 8 Monate auf Testosteron und ich hatte Zeit, mir alle Unterlagen zusammenzusuchen, die man braucht, um bei der Krankenkasse eine Kostenübernahme einer Mastektomie zu beantragen. Und – halleluja! – nach einem Monat Bibbern, einer Absage, einmal Widerspruch einlegen und dann noch einen Monat Bibbern hielt ich sie in den Händen: die Zusage zur Kostenübernahme!

Ihr merkt, es läuft bei mir. Es läuft alles, wie es soll, und ich kann mein Glück manchmal gar nicht fassen. Aktuell warte ich also darauf, dass mein Arzt mir einen Termin für die OP vorschlägt, und dann heißt es: Bye, boobs! Ich glaube, das wird der erleichterndste Moment meines Lebens, wenn ich nach der OP aufwache und eine flache Brust habe. Wegen diesen Brüsten dachte ich viel zu oft, ich könne doch gar kein Mann sein. Diese Brüste haben mich von so vielen Dingen abgehalten. Ich konnte mich nie mit ihnen anfreunden. Mein Bei-mir-Ankommen wird einfach komplett sein, wenn ich die Mastek hinter mir habe. Ich freue mich riesig.

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Das war's jetzt erst mal von mir. Übrigens: Falls ihr Ideen oder Wünsche habt, über was ich noch schreiben könnte/sollte, lasst gerne einen Kommentar da oder schreibt mir eine Mail oder private Nachricht auf Instagram oder Twitter!

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